Die Faszination der Seifenherstellung: Aus der Seifenküche

Die Bedeutung von NaOH für die Seifenherstellung

Aus gesundheitlichen Gründen habe ich viel Zeit zu Hause (und auf Youtube) verbracht und mich im August endlich durchgerungen NaOH zu besorgen, eine sehr starke Lauge und bisher die größte Hürde für mich, selber Seife herzustellen. Alle Kernseifen (festen echten Seifen) benötigen NaOH (Natriumhydroxid, auch Ätznatron) für die Verseifung. Die weiteren Zutaten sind in erster Linie viel Fett, Wasser oder andere Flüssigkeit zum Anrühren der Lauge und wenig Farb- oder Duftstoffe.

Die (beinahe) einzige Umgehungsmöglichkeit der starken Lauge ist eine Seifenbasis (oft als “Melt and Pour” bezeichnet), der man Zusatzstoffe oder Duftmittel hinzufügt und das gilt nicht als DIY, nicht auf dieser Website!

(Feste) Seife entsteht, wenn man einer bestimmten Menge von Ölen und Fetten eine bestimmte Menge einer NaOH-Lauge hinzufügt.

Sicherheitsmaßnahmen

Bei der Verwendung von NaOH sind unbedingt Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen: Ich verwende Handschuhe (Einmalhandschuhe reichen) und trage ein langärmliges T-shirt und Schutzbrillen. Außerdem rühre ich die Lauge unter dem offenen Küchenfenster oder überhaupt am Balkon an, damit die entstehenden Dämpfe sofort abziehen können, dabei halte ich meinen Kopf soweit wie möglich entfernt von dem Laugenbehälter, da ätzende Dämpfe aufsteigen, wenn sich die Lauge beim Anrühren selbst erhitzt. Weiters empfehle ich die Arbeitsfläche abzudecken, die Lauge ist wie ihr Name schon verratet, sehr ätzend. Hält man die Sicherhheitsmaßnahmen ein, ist die Herstellung der Natronlauge jedoch weder schwer noch kompliziert.

Empfohlenes Werkzeug:

Einmalhandschuhe, Schutzbrille, Stabmixer, Messbecher und Schüsseln aus Glas, Küchenwaage, wenn möglich eine Präzesionswaage für Duftstoffe und das NaOH (geht aber auch mit der Küchenwaage zumindest ab einem Gesamtölgewicht von 500g), Teigschaber aus Silikon (sehr wichtig für mich), Metalllöffel, Kochtopf (mit Glasschüssel als “Doppelkessel” zum Erwärmen der Öle), Seifenform(en) (man kann auch Tetrapackverpackungen als Form upcyceln, oder jegliche Silikonformen verwenden), feinmaschiges Sieb. Natürlich braucht man auch eine Herdplatte.

Rezepte und Seifenrechner

Die Tutorials oder Rezepte verstehe ich als Anregung, beim Seifesieden kommt mir entgegen, dass es frei verfügbare Seifenrechner im Internet gibt, in denen man seine Inhaltsstoffe und Details des Rezeptes auswählt und genaue Gewichtsangaben der einzelnen Bestandteile, sowie durchschnittliche voraussichtliche Eigenschaften der entstehenden Seife erhält. Es wird in Büchern und auch bei gewissenhaften Seifenherstellern auf Youtube immer empfohlen das konkrete Rezept noch einmal mit einem Seifenrechner zu überprüfen. Ich verwende Soapcalc http://www.soapcalc.net. In englischer Sprache, einfach, übersichtlich und weltweit in Verwendung.

Hier ist ein Beispiel von einer meiner tatsächlichen Seifen, die innere “Wolke” meiner Zitrrustraum-Seife:

Bedeutung der Öle und Fette

Auf die Verwendung der einzelnen Öle möchte ich hier nicht länger eingehen, sie sind Stoff von mehreren Blogartikeln bzw. von ganzen Büchern. Nur soviel: die Eigenschaften der Seife sind zum Großteil von den verwendeten Ölen abhängig. So ist zum Beispiel das verseifte Kokosöl sehr schäumend und reinigend, Olivenöl sehr pflegend, Mandelöl eher mild pflegend und Öle wie Sonnenblumenöl oder Leinöl aufgrund ihres hohen Anteils an ungesättigter Fettsäuren nicht lang in der Seife haltbar. Rizinusöl (engl. Castor Oil) weist als einziges Öl Rizinolsäure auf und stabilisiert den Schaum der Seife. Man kann Seifen auch aus einem einzigen Öl herstellen wie z.B. die berühmte Olivenseife aus Marseille, gemeinhin wird aber ein Mix aus verschiedenen Ölen empfohlen. Auch Fette (z.B. Shea oder Kakaobutter, sowie tierische Fette) können wertvolle Eigenschaften für die Seife mitbringen.

Live in the moment

Das “Seifen” ist faszinierend und auch erstaunlich medidativ. Zwischen ätzender Lauge und heißem Fett hat nichts anderes Platz (wie gesundheitliche Probleme oder die weltpolitische Lage, nur so als Beispiele), man lebt zumindest in diesen Minuten eindeutig im Hier und Jetzt.

Nach der Verseifung kommt der aufregende Moment, wenn man die fertige Seife aus der Form nehmen kann. Das Aushärten dauert zwischen wenigen Stunden und mehreren Tagen. Da sich die Ausgangsstoffe so komplett verändern ist es unglaublich spannend bis man die feste Seife in Händen hält und riechen kann. Diese Veränderung der Stoffe und die fast unendlichen Variationsmöglichkeiten machen für mich die Faszination der Seifenherstellung aus.

Tipps und Tutorials

In Folge konsumierte ich eine Unmenge an Youtube Videos und Tutorials und habe bis jetzt neun Seifenideen umgesetzt.

Die informativsten Videos ffand ich bei Ellys Everyday Soapmaking https://www.ellyseveryday.com. Für Anfänger verständlich, ohne Dinge zu sehr zu vereinfachen erklärt sie die Herstellung von Seifen, verschiedene Techniken, das Berechnen von eigenen Rezepten und theoretische Hintergründe. Meine erste Seife habe ich nach ihrem Video https://www.youtube.com/watch?v=lBc-dWQmFIM  gemacht.

Die für mich schönsten Seifenvideos sind übigens von tellervo https://www.tellervo.fi, in wunderschönen Bildern unterlegt mit medidativer Musik, mit Untertiteln zeigt sie Schritt für Schritt die Herstellung von Seifen aus natürlichen und oft frischen Zutaten. Sie bietet auch downloadbare PDF-Guides in Englischer Sprache zum Verkauf.

Es gibt natürlich noch unzählige großartige Seifenvideos für jeden Geschmack. Sehr beliebt sind unter anderem BrambleBerry https://www.brambleberry.com und Holly’s Soapmaking auf Youtube https://www.youtube.com/watch?v=_KGt7YheNo8.

Ich kann alle diese Kanäle für Seifeneinsteiger und Interessierte wärmstens empfehlen.

Der Beginn

Meine erste Seife war unscheinbar grünlich gelb, wie die verwendeten Öle (Olivenöl, Rapsöl), denn ich wollte einmal ein Grundrezept versuchen. Sie riecht beinahe nach gar nichts, wegen der sehr vorsichtigen Verwendung von potentiell reizenden ätherischen Ölen (es gibt sanftere und reizendere Öle, man sollte sich vorab über die sichere Verwendung des betreffenden Öls informieren). Sie ist nicht offensichtlich großartig, aber ich war sofort begeistert.

Die holprige Fortsetzung: Seifen 2 – 4

Seife 2: Ein unbeabsichtigtes Waschmittel

Die zweite Seife war leider aufgrund eines spontanen Experiments misslungen. Ich sah “stearic acid” auf soapcalc zur Auswahl und wollte die Härtung der Seifenmasse mit dieser Zugabe beschleunigen (im Wortsinn ist das zwar gelungen, ABER …) – probieren geht über studieren! Die Masse erstarrte sofort nach Zugabe der Lauge teilweise, wodurch die Verseifung extrem unregelmäßig verlief. Als Wäscheseife, bzw. Waschmittel war ich mit ihrer Waschwirkung allerdings sehr zufrieden. Mit der natürlichen Seife und der Zugabe von etwas Natron-pulver wäscht sie gründlich und ist auch zu empfindlichen Stoffen sanft. Ich wasche auch Wolle und Seide damit, verzichte dann aber auf Zugabe von Natron.

Die dritte war furchtbar, ich rede lieber nicht darüber.

Bei der vierten, meiner ersten Orangenseife, ist mir beim Umsetzen meines Rezeptes wiederum ein Fehler unterlaufen, ich verwendete die geriebene Orangenschale mit der ich das Öl anreicherte auch gleich als Dekoration in der Seife.

Das ist prinzipiell in Ordnung, aber nur, wenn man die Orangenschale vorher getrocknet hat, sonst kann die Seife schnell schlecht werden und einen unangenehmen Geruch entwickeln.

Hier seht ihr meine Orangenseife mit der darauf folgenden Terrazzo – Weihnachtsseife friedlich vereint, ich werde sie entweder als Wäschewaschmittel oder Flüssigseife aufbereiten, bzw. versuchen sie “auszusalzen”, ein Verfahren bei denen misslungene oder verdorbene Seifen wieder aufbereitet werden können.

Seife 5: Terrazzo-Seife mit Weihrauch und Aktivkohle

Die fünfte Seife war mein erstes Meisterwerk, ganz verliebt lief ich mit der frisch aufgeschnittenen Seife durch die Wohnung um allen zu zeigen wie hübsch sie war. Die einfache Musterung mittels “Terrazzo-Technik” ist meine liebste Gestaltung, mögen die anderen Seifenhersteller swirlen, ich schnipsle lieber.

Ich mag alles daran: die Aufbereitung von Resten, die Erinnerung an die traditionellen Böden in Wiener Altbauten, die Farbkontraste und zufälligen Muster. Es werden wohl in Zukunft noch mehrere dieser Art nachfolgen. Die schöne dunkle Farbe verdankt sie der zugesetzten Aktivkohle, die laut Literatur und Youtube auch einen leichten Peelingeffekt mitbringt. Ich persönlich finde die Seife angenehm mild und verwende sie auch für mein Gesicht.

Die sechste war so “meh”. Es war die erste und zumindest bislang letzte Seife mit synthetischem Parfum im Gegensatz zu natürlichen ätherischen Ölen – geplant war ein weihnachtliches “Kokosbusserl”, ganz weiß. Weder Farbe noch Duft dieser Seife würde ich als gelungen bezeichnen: zu gelb und zu chemisch. Sie weicht auch nach der Aushärtungszeit von 6 Wochen im Kontakt mit Wasser sofort auf. Die erste schöne weiße duftende Seife steht also noch aus.

Seife 7: Meine Haus- und Hofseife: Lorbeer, Lavendel und Rosmarin

Die siebente – fast zeitgleich mit der fünften – ist jedoch sehr gut gelungen. Die Inspiration bot der Kräutergarten in unserem Hof, ein mittlerweile bis über den ersten Stock ragender Lorbeerbaum, 2 große Buschen Lavendel und ein Rosmarinstrauch. In der Hoffnung, die Seife noch regionaler zu machen, habe ich versucht Teile des Kokosöls mit Lorbeeröl zu ersetzen. Dieses Öl ist dunkelgrün bis braun, zähflüssig und hat in der Seife eine schäumende Wirkung, der Geruch ist außerdem sehr intensiv und verfliegt auch während der Verseifung und Trocknung nur wenig. Das Gefühl von der Seife nach einer Trocknungszeit von 6 Wochen ist ist sehr angenehm, sie ist glatt, nicht zu hart oder zu weich und schäumt stark. Diese Seife mache ich definitiv wieder, allerdings mit weniger Lorbeeröl, um den Geruch etwas sanfter zu machen und auch den anderen Kräutern Raum zu geben.

Seifen 8 und 9: Hier und Jetzt

Jetzt ist es Winter und ich warte auf das Aushärten der neunten Seife. Wieder eine Zitrusseife, diesmal mit eingegossener Form (eine orangen Wolke) in einer rosa Seife, die ich mit Rhabarber gefärbt habe. Ich muss wohl noch 2 Tage warten, aber es fällt mir wirklich schwer. Immer. Sofort nach dem Gießen möchte ich am liebsten ausformen, jedes Mal, wie ein kleines Kind. Die Farben sind sehr schön gelungen und beim Duft habe ich verschwenderisch sämtliche Zitrusöle in meinem Besitz eingesetzt und bis jetzt ist der Duft intensiv.

Die achte Seife habe ich beinahe vergessen. Ich habe sie fürs Wäschewaschen und als Handspülmittel konzipiert und als erste Seife im Jahr 2025 gemacht, sie riecht ganz leicht nach Zitrone und Eucalyptus. Zum Wäsche waschen reibe ich sie in möglichst kleine Stücke und gebe etwas Natron dazu (Gewichtverhältnis ca. 1:1). Meinem Eindruck nach wascht sie besser als gekaufte Waschmittel.

Aufmerksame Leser und Betrachter von Bildern haben erkannt, dass ich auch die letzte Seife vor den Fotos für den Beitrag ausgeformt habe hier noch ein Closeup.

Der Ausblick

Meine Seifenreise ist noch lang nicht abgeschlossen, ich habe viele Ideen unter anderem verschiedenfarbige Terrazzoseifen und eben diese eine schöne cremige weiße Seife. Ich kann nur hoffen, dass ich weitere Abnehmer für die Seifen finde, vielleicht sogar über einen Marktstand oder einen Onlineshop, sonst bekommen alle Freunde und Verwandten mindestens einen Kilo Seife zu Weihnachten, und ich bin sicher, ab den ersten 500g wird das Geschenk verdächtig.

In diesem Blog würde ich gern gelungene Rezepte Schritt für Schritt vorstellen. Außerdem produziere ich auch einige andere Kosmetikprodukte (wenn ich die Öle schon mal im Haus habe…) die ich ebenfalls vorstellen möchte. Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr dabei seid, vielleicht werdet ihr ermutigt, selber Seifen herzustellen,

Ich würde mich über Fragen und Anregungen sehr freuen, alles Liebe und kreatives Schaffen!

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